Das CE-Zeichen für Spielzeug
eine Einführung in die CE-Kennzeichnungspflicht
Vorwort
CE steht nicht für ‚Chinese Exports‘.
CE zeigt die Einhaltung grundlegender Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen an.
CE ist für mich ein Symbol neuen Denkens:
Der Hersteller ist für sein Produkt verantwortlich,
sorgt für einen dauerhaft sicheren Betrieb,
der Gesetzgeber beschränkt sich auf Rahmenbedingungen.
Was bedeutet CE?
CE ist die Abkürzung für „Communautés Européennes“ – was europäische Gemeinschaften, vielleicht auch ein wenig Gemeinsamkeit bedeutet. Damit wird auch schon das Ziel umschrieben: Wir haben einen europäischen Markt und können es uns nicht erlauben, viele einzelstaatliche Regelungen für gleiche Produkte zu behalten. Diese Anpassung der einzelnen technischen Vorschriften heißt Harmonisierung.
Vermutlich besteht für Ihr Produkt eine CE-Kennzeichnungspflicht. Sie dürfen in diesem Fall das Produkt ohne CE-Kennzeichnung nicht mehr in Verkehr bringen, das heißt, nicht verkaufen, nicht verschenken oder sonst einem Dritten zugänglich machen. Aber nicht alles darf mit „CE“ gekennzeichnet werden; es ist keine freiwillige CE-Kennzeichnung erlaubt, auch dann nicht, wenn die Bestimmungen aus den Richtlinien mehr als erfüllt wären. Die Grauzone zwischen dem „das Produkt fällt eindeutig in den Anwendungsbereich der Richtlinie xyz“ und „das Produkt fällt derzeit nicht in den Anwendungsbereich einer Richtlinie, die eine CE-Kennzeichnung vorsieht“ ist sehr eng und wird von Laien selten bemerkt.
Es handelt sich bei CE nur um ein Behördenzeichen im Sinne eines Reisepasses, der weitere Information enthält!
Entsprechend ist mit CE auch kein Qualitätsnachweis oder Gütesiegel verbunden!
Bitte bedenken Sie immer, dass auch nicht unbedingt das CE-Zeichen das Wichtigste ist, sondern die damit verbundenen Aussagen, die Sie auf einer Konformitätserklärung (einer Übereinstimmungserklärung) gemacht haben. Dort stehen üblicherweise einige Richtlinien und einige Normen – und diese enthalten meist harte, messbare Forderungen!
Manchmal können die Normvorgaben von Laboren aus aller Welt bestätigt werden, aber rechtlich gesehen ist immer die erste Organisation, also eine Firma oder eine Einzelperson, die dieses Produkt in der EU verkauft oder in Betrieb genommen hat, verantwortlich. Mit diesem Inverkehrbringer haben wir auch die Person, die gefragt wird, ob alle Kriterien für eine CE-Kennzeichnung erfüllt worden sind!
New Approach
Wenn ich an dieser Stelle von Europa oder der EU spreche, meine ich damit die Länder der Europäischen Union und die EFTA-Staaten Norwegen, Liechtenstein und vor allem die Schweiz. Die EU verabschiedet Richtlinien, die vom nationalen Gesetzgeber in ein nationales Gesetz überführt werden müssen – ansonsten hätten diese keine Rechtskraft. Und wie das bei Gesetzen so ist, wenn diese für eine längere Zeit anwendbar sein sollen, müssen diese allgemein formuliert sein, in unseren Fall sind dies so genannte grundlegende Anforderungen. Diese vielleicht ungewohnte Vorgehensweise wird auch „neue Konzeption“ oder „New Approach“ genannt.
Diese Richtlinien sind nach den folgenden vier Methoden auszulegen:
- nach der Entstehungsgeschichte,
- nach Sinn und Zweck,
- nach der Systematik,
- nach dem Wortlaut.
Derzeit werden Vorgaben der EU als Verordnungen verabschiedet, Stichwort EuP – Energy using Products. Verordnungen wirken direkt, müssen also nicht in nationales Gesetz umgesetzt werden.
Grundlegende Anforderungen
Diese grundlegenden Anforderungen werden in Normen, also in technischen Spezifikationen, konkretisiert. Die Anwendung dieser Normen
- ist freiwillig, damit der technische Fortschritt nicht behindert wird,
- wird aber empfohlen, da sonst der Hersteller die Beweislast für seine technische Lösung trägt. Was so banal klingt, kann extrem umfangreich werden, denn nur die normalen technischen Lösungen enthalten jahrelanges Fachwissen, von dem man nicht so einmal eben abweichen sollte. Wir kommen bei der Norm EN 71 wieder darauf zurück!
Vorteile im Binnenmarkt
Sie als Hersteller sind für Ihr Produkt verantwortlich; es gibt keine staatliche Zulassungsstelle. Sie können in den allermeisten Fällen ohne externe Prüfung, rein im Vertrauen des Gesetzgebers sowie auf Ihre Fachkenntnis, Ihr Produkt verkaufen!
Die wenigen Bereiche, in denen externe Prüfungen vorgeschrieben sind, sind meist Produktgattungen, die ein sehr hohes Schadenspotenzial aufweisen, wie zum Beispiel große Druckbehälter, deren Fehlfunktion viele Menschenleben gefährden würde.
Natürlich können Sie mit jedem Produkt zu einer technischen Überwachungsorganisation gehen, was immer dann zu empfehlen ist, wenn größere Stückzahlen und wenig Fachkenntnis vorhanden sind. Rechnen Sie mit einigen Wochen Prüfzeit und einigen tausend Euro Prüfkosten!
Sie können aber auch ganz ohne externe Hilfe zu beanspruchen, behaupten: „Mein Produkt ist sicher.“ Das hat neben Kosteneinsparungen (externe Kosten für Prüfung etc.) auch den Vorteil, dass Sie Ihr Produkt schneller auf den Markt bringen können und schneller kleine Veränderungen am Produkt durchführen können! Wenn der Hersteller CE anbringt, muss die Behörde vermuten, er weiß, was er tut, und das Produkt ist sicher.
Unsere Gesellschaft ist so gereift, dass ein generelles Verständnis von Sicherheitsanforderungen erwartet werden kann! Es gibt zwar immer wieder Politiker, die Gegenteiliges behaupten, aber vielleicht fehlt diesen einfach die EU-Reife!
Das CE-Zeichen
Die CE-Kennzeichnung, oft einfach CE-Zeichen genannt, zeigt die Erfüllung der Anforderungen aller das Produkt betreffenden Richtlinien an. Das CE-Zeichen wird normalerweise vom Hersteller auf dem Typenschild angebracht, oftmals zusätzlich auf der Umverpackung. Es muss nicht beantragt werden, der Hersteller bringt es in eigener Verantwortung nach Abarbeitung aller sich aus den Richtlinien ergebenden Anforderungen an!
Es besteht aus dem Schriftbild „CE“ in der umseitig abgebildten Form, wobei das Raster nur die Größenverhältnisse verdeutlichen soll. Alle anderen Formen sind eine Verunstaltung und damit ungültig. Das ist anscheinend kompliziert, wenn auch eine Mindesthöhe von zumeist 5 mm (je nach Richtlinie) berücksichtigt werden muss!
Mehr dazu gerne auf www.ce-zeichen.de/ce-zeichen-und-eu.html. Es wird auf dem Produkt oder an der Verpackung, je nachdem, was die Richtlinien verlangen, deutlich, leserlich und sauber angebracht. Andere Kennzeichnungen dürfen angebracht werden, wenn diese die Sichtbarkeit und die Lesbarkeit der CE-Kennzeichnung nicht beeinträchtigen. Wesentlicher ist aber, dass Dritte durch diese anderen Kennzeichnungen nicht irritiert werden dürfen und: Es muss immer der Herstellernamen mit postzustellfähiger Adresse vorhanden sein.
Normen
Normen sind technische Beschreibungen, die jedem zugänglich sind. Diese Normen sind von interessierten Kreisen erstellt worden und beruhen auf Erkenntnissen von Wissenschaft und Technik. Normen sollen den größtmöglichen Nutzen für die Allgemeinheit ermöglichen.
Im Gegensatz zu rechtlichen Pseudoregelungen sind Normen präventiv wirksam und eindeutig, nicht wie in der Juristerei, in der Aussagen wie „es ist ein Einzelfall“ oder „da müssen wir eine Grundsatzentscheidung fällen“ leider auch in diesem Jahrhundert noch normal sind.
Normen dürfen nicht kopiert werden und sind leider meist teuer. Bedenken Sie aber bitte, dass über den Verkaufspreis die Kosten für Erstellung und Pflege des Normenwerkes gedeckt werden müssen. Normen können Sie in bestimmten Bibliotheken, den sogenannten „Normenauslegestellen“, einsehen.
Normen haben eine meist eigenartig wirkende Sprache, die auch richtig interpretiert sein will. So bedeuten zum Beispiel die Worte:
- muss oder müssen: Dass hier ein Zwang besteht, sei es durch Rechtsvorschriften oder sicherheitstechnische Forderungen, Forderungen der Einheitlichkeit oder Folgerichtigkeit.
- muss nicht oder müssen nicht: Dass in bestimmten Fällen hier von der Regel abgewichen werden darf, wenn zum Beispiel eine gleichwertige Lösung gewählt wird.
- darf nicht oder dürfen nicht: Dass ein Zwang besteht, sei es durch Rechtsvorschriften oder sicherheitstechnische Forderungen, Forderungen der Einheitlichkeit oder Folgerichtigkeit.
- soll oder sollen: Eine freiwillig übernommene Verpflichtung, von der in (technisch) begründeten Fällen abgewichen werden darf, nicht aber im Normalfall.
- sollte oder sollten: Eine Möglichkeit wird empfohlen, ohne andere Lösungen auszuschließen.
Es gibt es sehr viele technische Spezifikationen, die wir als Norm bezeichnen. Deshalb definierte man die so genannten harmonisierten Normen als Normen, die im Anwendungsbereich einer oder mehrerer Richtlinien zur CE-Kennzeichnung die Einhaltung der grundlegenden Anforderungen unterstützen. Viele Normen beschreiben Prüfungen, die dokumentiert werden sollten. Die dabei erstellten Prüfunterlagen zeigen, ob und wie der Prüfling die Prüfungen bestanden hat. In der Praxis sind meist mehrere Normen zu berücksichtigen, da viele Details in vielen unterschiedlichen Normen festgelegt sind.
Ausschnitt eines Deckblatts einer Norm:
Die Normenreihe EN 71
Die Normenreihe EN 71 legt Anforderungen und Prüfverfahren für die mechanischen und physikalischen Eigenschaften von Spielzeug fest. Diese Normen gelten für Kinderspielzeug, das heißt für alle Erzeugnisse oder Materialien, die dazu bestimmt sind, von Kindern unter 14 Jahren zum Spielen benutzt zu werden. Sie berücksichtigt die Eigenschaften von Spielzeug im Neuzustand, berücksichtigt jedoch auch die bei bestimmungsgemäßem beziehungsweise vorhersehbarem Gebrauch vorhersehbare, übliche Benutzungsdauer als auch das kindgemäße Verhalten.
Diese Normen legen auch Anforderungen an Verpackung, Kennzeichnung und Beschriftung fest. Die Europäische Norm wurde vom Technischen Komitee CEN/TC 52 „Sicherheit von Spielzeug“ erarbeitet, dessen Sekretariat von Dänemark gehalten wird. Aber keine Angst: auch in Deutschland können Sie Fragen an das DIN stellen, wenn sich Fragen beim Lesen des Normentextes ergeben. Allerdings ist das nicht ganz so einfach, denn Normen dürfen nicht kopiert werden und sind im Original recht teuer, die aktuellen Preise finden Sie im Internet unter www.beuth.de. So kostet die Ausgabe der EN 71-1 von 2014 mit eingearbeiteten Änderungen A1 von 2018 bei etwa 334 Euro für 154 Seiten. Immerhin sind solche Normen für einige Jahre eine Arbeitsgrundlage, viele Normen werden erst nach 5 Jahren gründlicher überarbeitet und erscheinen dann als Neuauflage mit einem deutlich höheren Preis.
Lange Zeit habe ich gegen solche Preise gewettert – und habe es fast aufgegeben. Es heißt so schön „mit den Einnahmen aus dem Normenverkauf finanziert das DIN die Arbeit dieser Normungsgremien“. Wer dort mitarbeitet, bekommt aber keine Bezahlung oder Aufwandsentschädigung – die Gremienmitglieder mussten oft genug zitierte Normen selbst kaufen!
Übersetzungsarbeiten sind auch nicht immer einwandfrei!
Die Normenreihe besteht aus folgenden Normen, die zumeist mit Ausgabedatum (fehlt hier) zitiert werden:
EN 71-1 Sicherheit von Spielzeug – Teil 1: Mechanische und physikalische Eigenschaften
EN 71-2 Sicherheit von Spielzeug – Teil 2: Entflammbarkeit
EN 71-3 Sicherheit von Spielzeug – Teil 3: Migration bestimmter Elemente
EN 71-4 Sicherheit von Spielzeug –Teil 4: Experimentierkästen für chemische und ähnliche Versuche
EN 71-5 Sicherheit von Spielzeug – Teil 5: Chemisches Spielzeug (Sets) ausgenommen Experimentierkästen
EN 71-7 Sicherheit von Spielzeug – Teil 7: Fingermalfarben; Anforderungen und Prüfverfahren
EN 71-8 Sicherheit von Spielzeug –Teil 8: Aktivitätsspielzeug für den häuslichen Gebrauch
EN 71-9: Organisch-chemische Verbindungen – Anforderungen
EN 71-10: Organisch-chemische Verbindungen – Probenvorbereitung und Extraktion
EN 71-11: Organisch-chemische Verbindungen – Analysenverfahren
Nur nebenbei sei angemerkt, dass es den Normenteil EN 71-6 nicht mehr gibt – diese Norm ist in EN 71-1 aufgenommen worden. Die EN 71-9, EN 71-10 und EN 71-11 sind keine harmonisierten Normen, gehören entsprechend nicht auf Konformitätserklärungen.
Es gibt aber auch weitere Normen, die noch hilfreich sein können, wie z. B.:
CEN/TR 15371: Sicherheit von Spielzeug – Antworten auf Anfragen zur Interpretation von EN 71-1, EN 71-2 und EN 71-8 (kostet so um die 90 € in der Ausgabe von 2009).
Die EN 62115 (aktuelle Ausgabe suchen!) beschreibt die elektrische Sicherheit von Spielzeugen; dieses Thema ist aber so groß, dass ich hier nicht weiter darauf eingehe!
Die Normen werden in Deutschland vom Beuth-Verlag angeboten. Beachten Sie dort mögliche Sammelpreise, z. B. zehn Normen für „günstige“ 980 €. Bedenken Sie immer, dass Normen eigentlich für die Industrie erstellt wurden, nicht für Leseratten!
UPDATE: falls Sie "Ein-Mann*innen-Betrieb" sind und einfacher z.B. nur eine Schnullerkette verkaufen wollen, googlen Sie mal Schnullerketten Handbuch oder CE-Handbücher - was Maike Kölle da anbietet, kann sehr hilfreich sein. So ähnlich ist es mit dem Verein "wir machen Spielzeug" (sonst Nadja Lüders googeln). Ich kann nicht verhehlen, dass beide Damen sich auch bei mir informiert haben, ich aber wegen der Industriekundschaft immer wieder Probleme mit Kleinunternehmern hatte. Echte Angebote an diesen Kreis lohnen sich für mich nicht. Diese Meinung haben auch einige Buchverlage angedeutet bzw. konkret genannt - Material hätte ich genug gehabt, die Industriekundschaft aber ist fest in Prüflaborhand (wenn überhaupt - faszinierend, welche großen Marken amateurhaft agieren!)
UPDATE2: wegen Corona sind die Zugangsmöglichkeiten zu Normenauslegstellen (z.B. in Uni-Bibliotheken) extrem eingeschränkt - das bedeutet, mal eben nachsehen, was da drin steht, ist auch für mich (bin ich Profi? ich meine ja) derzeit fast unmöglich. Also Normen kaufen und die Kosten dem Kunden in Rechnung stellen.
Strategie zur Auswahl von Sicherheitsmaßnahmen
In allen Richtlinien findet sich versteckt die Forderung zur Integration der Sicherheit. Der eigentliche Sachverhalt ist ganz einfach:
Sie sollen sicher konstruieren, und wo das nicht geht, wo es zwangsläufig gefährliche Stellen gibt, da muss durch Schutzmaßnahmen wie Abdeckungen das Problem minimiert werden. Erst wenn dies nicht möglich ist, dürfen Sie durch Warnschilder vor dieser Stelle warnen. Kosten für Sicherheitstechnik dürfen dabei nicht ausschlaggebend sein!
Im Bereich Maschinenbau finden Sie so formuliert:
- Unmittelbare Sicherheitstechnik:
- Integration des Sicherheitskonzepts
- Risikominderung durch konstruktive Maßnahmen (sicheres Konstruieren)
vor
- mittelbarer Sicherheitstechnik:
- Notwendige Schutzmaßnahmen
- Technische (Schutz-) Maßnahmen und Vorsichtsmaßnahmen
vor
- hinweisender Sicherheitstechnik:
- Unterrichtung der Benutzer vor Restgefahren
- Benutzerinformation Warnschilder Piktogramme
Aus Erfahrung „hacke“ ich auf diesem Punkt immer wieder bei Kunden herum. Wer hier nicht das grundlegende Sicherheitskonzept erkennt, wer dieses nicht akzeptiert, ist entweder noch in der Ausbildung zum Konstrukteur oder als Konstrukteur in der EU nicht zu gebrauchen. Falls Sie Jurist oder Richter sind, lassen Sie sich sagen, dass diese EU-Vorgaben einfach ein moderneres Konzept darstellen als das alte BGH aus Napoleons Zeiten mit all seinen nachfolgenden Grundsatz- und Einzelfallentscheidungen.
Blue Guide
Der „Blue Guide“ ist eine Unterlage der europäischen Kommission, die Ausführungen zu verschiedenen in den Richtlinien benutzten Begriffen enthält. Leider ist die deutsche Ausgabe mit dem Titel „Leitfaden für die Umsetzung der nach dem neuen Konzept und dem Gesamtkonzept verfassten Richtlinien“ genau wie der Titel: etwas sperrig zu lesen und selten eindeutig.
Im Bereich Spielzeug sind noch sehr viel konkretere Vorgaben in den sogenannten Leitlinien veröffentlicht worden.
Inverkehrbringen
Mit „Inverkehrbringen“ ist die „erstmalige entgeltliche oder unentgeltliche Bereitstellung eines unter die Richtlinie auf dem Markt der Gemeinschaft fallenden Produkts zum Zweck seines Vertriebs und/oder seines Gebrauchs auf dem Gebiet der Gemeinschaft“ gemeint. Ausschlaggebend als Zeitpunkt ist jeweils die erste Bereitstellung, nicht die erste Benutzung des Produkts auf dem Markt der Gemeinschaft. Teilweise finden Sie auch den Begriff „Werkstorprinzip“ für eine derartige Vorgehensweise.
Die Produktsicherheitsrichtlinie gibt den aktuellen Rahmen für Spielzeug vor, sofern nicht schon die Spielzeugrichtlinie alleine für die Klärung solcher Fragen ausreicht.
Es lohnt sich, vor Rechtsstreitereien hier die verschiedenen anzuwendenden Richtlinien auf deren Definitionen durchzusehen und möglicherweise vorhandene Erläuterungen von Seiten der EU zu Rate zu ziehen.
Die Spielzeugrichtlinie
Nach Richtlinie 2009/48/EG, in Deutschland wird oft noch auf 88/378/EWG verwiesen, ist seit dem 1. Januar 1991 kein Verkauf von Spielzeug ohne CE-Kennzeichnung erlaubt. Umgesetzt ist diese Richtlinie als 2. Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (ProdSG), oft einfach Spielzeugverordnung genannt. Die Definition lautet einfach „als Spielzeuge gelten dabei alle Erzeugnisse, die dazu gestaltet oder offensichtlich bestimmt sind, von Kindern im Alter bis zu 14 Jahren verwendet zu werden.“
Ausgenommen von dieser Regelung, d. h. im Sinne des Gesetzes kein Spielzeug sind folgende Produkte, die der Anhang I der Richtlinie auflistet:
- Dekorative Gegenstände für festliche Anlässe und Feierlichkeiten;
- Produkte für Sammler, sofern auf dem Produkt oder seiner Verpackung ein sichtbarer und leserlicher Hinweis angebracht ist, wonach das Produkt für Sammler, die mindestens 14 Jahre alt sind, bestimmt ist. Zu dieser Kategorie gehören:
- original- und maßstabsgetreue Kleinmodelle,
- Bausätze von original- und maßstabsgetreuen Kleinmodellen,
- Folklore- und Dekorationspuppen und ähnliche Artikel,
- Nachbildungen von historischem Spielzeug und
- Nachahmungen echter Schusswaffen.
- Sportgeräte einschließlich Rollschuhe, Inlineskates und Skateboards für Kinder mit einem Körpergewicht über 20 kg
- Fahrräder mit einer maximalen Sattelhöhe von mehr als 435 mm, gemessen als vertikaler Abstand vom Boden bis hin zum oberen Teil der Sitzfläche, mit dem Sitz in horizontaler Position und mit dem Sitzkissen in seiner kleinsten Einraststellung
- Roller und andere Fortbewegungsmittel, die als Sportgeräte konzipiert sind oder die für die Fortbewegung auf öffentlichen Straßen oder öffentlichen Wegen bestimmt sind
- elektrisch betriebene Fahrzeuge, die zur Fortbewegung auf öffentlichen Straßen und Wegen oder auf den öffentlichen Gehsteigen bestimmt sind
- Wassersportgeräte zur Verwendung in tiefem Wasser und Schwimmlernmittel für Kinder, wie Schwimmsitze und Schwimmhilfen
- Puzzlespiele mit mehr als 500 Teilen
- mit Druckgas betriebene Gewehre und Pistolen mit Ausnahme von Wassergewehren und -pistolen sowie Bogen zum Bogenschießen, die über 120 cm lang sind
- Feuerwerkskörper einschließlich Amorces, die nicht speziell für Spielzeug bestimmt sind
- Produkte und Spiele mit spitz zulaufenden Wurfgeschossen, wie Pfeilspiele, bei denen Pfeile mit Metallspitzen verwendet werden
- funktionelle Lernprodukte, wie Kochherde, Bügeleisen und andere funktionelle Produkte, die mit einer Nennspannung von mehr als 24 Volt betrieben und ausschließlich für didaktische Zwecke zur Verwendung unter Aufsicht eines Erwachsenen verkauft werden
- Produkte, die für den Unterricht an Schulen und für sonstige Ausbildungssituationen unter der Aufsicht eines erwachsenen Ausbilders bestimmt sind, wie wissenschaftliche Geräte
- elektronische Geräte wie Personalcomputer und Spielkonsolen zum Zugriff auf interaktive Software und angeschlossene Peripheriegeräte, sofern die elektronischen Geräte oder die angeschlossenen Peripheriegeräte nicht speziell für Kinder konzipiert und für diese bestimmt sind, wie speziell konzipierte Personalcomputer, Tastaturen, Joysticks oder Lenkräder
- interaktive Software für Freizeit und Unterhaltung wie Computerspiele und ihre Speichermedien (etwa CDs)
- Schnuller für Säuglinge
- Leuchten, die von Kindern für Spielzeug gehalten werden können
- elektrische Transformatoren für Spielzeug
- Mode-Accessoires für Kinder, die nicht als Spielzeug gedacht sind
Die Spielzeugrichtlinie unterscheidet im weiteren stark zwischen Spielzeugen für Kinder in einem Alter von bis zu 36 Monaten und solchen über 36 Monaten bis 14 Jahre. Ab 14 Jahren ist mit einem quasi normalen Gebrauch von Produkten auszugehen, d. h. dem Benutzer sind die Gefahren des alltäglichen Lebens bekannt.
Viele Begriffsdefinitionen sind in der Spielzeugrichtlinie enthalten:
- „Bereitstellung auf dem Markt“: jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines Spielzeugs zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Gemeinschaftsmarkt im Rahmen einer Geschäftstätigkeit;
- „Inverkehrbringen“: die erstmalige Bereitstellung eines Spielzeugs auf dem Gemeinschaftsmarkt;
- „Hersteller“: jede natürliche oder juristische Person, die ein Spielzeug herstellt bzw. entwickeln oder herstellen lässt und dieses Spielzeug unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Marke vermarktet;
- „Bevollmächtigter“: jede in der Gemeinschaft ansässige natürliche oder juristische Person, die von einem Hersteller schriftlich beauftragt wurde, in seinem Namen bestimmte Aufgaben wahrzunehmen;
- „Einführer“: jede in der Gemeinschaft ansässige natürliche oder juristische Person, die ein Spielzeug aus einem Drittstaat auf dem Gemeinschaftsmarkt in Verkehr bringt;
- „Händler“: jede natürliche oder juristische Person in der Lieferkette, die ein Spielzeug auf dem Markt bereitstellt, mit Ausnahme des Herstellers oder des Einführers;
- „Wirtschaftsakteure“: Hersteller, Bevollmächtigte, Einführer und Händler;
- „harmonisierte Norm“: Norm, die von einem der in Anhang I der Richtlinie 98/34/EG anerkannten europäischen Normungsgremien auf der Grundlage eines Ersuchens der Kommission nach Artikel 6 jener Richtlinie erstellt wurde;
- „Harmonisierungsrechtsvorschriften der Gemeinschaft“: Rechtsvorschriften der Gemeinschaft zur Harmonisierung der Bedingungen für die Vermarktung von Produkten;
- „Akkreditierung“: hat die Bedeutung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 765/2008;
- „Konformitätsbewertung“: das Verfahren zur Bewertung, ob spezifische Anforderungen an ein Spielzeug erfüllt worden sind;
- „Konformitätsbewertungsstelle“: eine Stelle, die Konformitätsbewertungstätigkeiten einschließlich Kalibrierungen, Prüfungen, Zertifizierungen und Inspektionen durchführt;
- „Rückruf“: jede Maßnahme, die auf Erwirkung der Rückgabe eines dem Endverbraucher bereits bereitgestellten Spielzeugs abzielt;
- „Rücknahme“: jede Maßnahme, mit der verhindert werden soll, dass ein in der Lieferkette befindliches Spielzeug auf dem Markt bereitgestellt wird;
- „Marktüberwachung“: die von den Behörden durchgeführten Tätigkeiten und von ihnen getroffenen Maßnahmen, durch die sichergestellt werden soll, dass Spielzeug mit den Anforderungen der einschlägigen Harmonisierungsrechtsvorschriften der Gemeinschaft übereinstimmt und keine Gefährdung für die Gesundheit, Sicherheit oder andere im öffentlichen Interesse schützenswerte Bereiche darstellt;
- „CE-Kennzeichnung“: Kennzeichnung, durch die der Hersteller erklärt, dass das Produkt den geltenden Anforderungen genügt, die in den Harmonisierungs-rechtsvorschriften der Gemeinschaft über ihre Anbringung festgelegt sind;
- „funktionelles Produkt“: ein Produkt, das auf die gleiche Art und Weise wie ein Produkt, ein Gerät oder eine Anlage funktioniert und benutzt wird, die zum Gebrauch durch Erwachsene bestimmt sind und bei dem es sich um ein maßstabsgetreues Kleinmodell eines derartigen Produkts oder Gerätes bzw. einer derartigen Anlage handeln kann;
- „funktionelles Spielzeug“: ein Spielzeug, das dieselben Funktionen erfüllt und so benutzt wird wie ein Produkt, ein Gerät oder eine Einrichtung, die zum Gebrauch für Erwachsene bestimmt sind und bei dem es sich um ein maßstabsgetreues Kleinmodell eines derartigen Produkts oder Gerätes bzw. einer derartigen Einrichtung handeln kann;
- „Wasserspielzeug“: ein Spielzeug, das zur Benutzung im flachen Wasser bestimmt und dazu geeignet ist, ein Kind auf dem Wasser zu tragen oder über Wasser zu halten;
- „bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit“: die repräsentative Betriebsgeschwindigkeit, die ein Spielzeug aufgrund seiner Bauart erreichen kann;
- „Aktivitätsspielzeug“: ein Spielzeug zur Verwendung im Haushalt, dessen tragende Struktur während der Aktivität ortsfest bleibt und das für folgende Aktivitäten von Kindern bestimmt ist: Klettern, Springen, Schwingen, Rutschen, Schaukeln, Drehen, Kriechen oder Krabbeln oder eine Kombination dieser Tätigkeiten;
- „chemisches Spielzeug“: ein Spielzeug, das für den direkten Umgang mit chemischen Stoffen und Gemischen und eine altersgemäße Verwendung unter der Aufsicht von Erwachsenen bestimmt ist;
- „Brettspiel für den Geruchssinn“: ein Spielzeug, dessen Zweck darin besteht, einem Kind dabei zu helfen, die Erkennung verschiedener Gerüche oder Düfte zu erlernen;
- „Kosmetikkoffer“: ein Spielzeug, dessen Zweck darin besteht, Kindern dabei zu helfen, Produkte wie Parfüme, Seifen, Cremes, Shampoos, Badeschaum, Lippenglanzstifte, Lippenstifte, Make-up, Zahnpasta und Haarfestiger herzustellen;
- „Spiel für den Geschmackssinn“: ein Spielzeug, dessen Zweck darin besteht, dass Kinder unter Verwendung von Lebensmittelzutaten wie Süßstoffen, Flüssigkeiten, Pulver und Aromen Süßigkeiten oder andere Gerichte herstellen können;
- „Schaden“: eine körperliche Verletzung oder jede sonstige Gesundheitsbeeinträchtigung, auch langfristiger Natur;
- „Gefahr“: die mögliche Ursache eines Schadens;
- „Risiko“: die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gefahr, die einen Schaden verursacht, und die Schwere des Schadens;
- „zur Verwendung durch … bestimmt“: die Tatsache, dass Eltern oder Aufsichtspersonen aufgrund der Funktionen, Abmessungen und Eigenschaften eines Spielzeugs vernünftigerweise davon ausgehen können, dass es zur Verwendung durch Kinder der angegebenen Altersgruppe bestimmt ist.
Aufbau der Spielzeugrichtlinie
Die Spielzeugrichtlinie ist eine nach europäischen Vorgaben einfach und logisch aufgebaute Richtlinie:
- Es werden zuerst Überlegungen (Beweggründe) genannt.
- In Kapitel I, der die Artikel 1 bis 3 umfasst, werden der Anwendungsbereich und Begriffe festgelegt.
- In Kapitel II werden die Verpflichtungen der Wirtschaftsakteure genannt.
- In Kapitel III wird die Konformität des Spielzeugs, also die Übereinstimmung mit den Anforderungen dieser Richtlinie vorgegeben, was, wenn man den Text liest, einen Verweis auf Anhang II enthält, der die wesentlichen Sicherheitsanforderungen enthält.
- In Kapitel IV wird das Konformitätsbewertungsverfahren festgelegt ... Das klingt kompliziert, ist es aber nicht: Der Hersteller prüft und bewertet selbst die Konformität.
- Die nachfolgenden Artikel sind für unsere Betrachtungen eher unwichtig ... Interessant wird es mit ...
- Anhang I: Ausnahmen von der Spielzeugrichtlinie.
- Anhang II: grundlegende Sicherheitsanforderungen – darauf werde ich in einer anderen Unterlage eingehen. Sie sollten diesen Text einmal im Leben und vor Verkauf eines Spielzeugs gelesen haben!
- Anhang III beschreibt den Inhalt der Konformitätserklärung.
- Anhang IV: die erforderliche technische Dokumentation (Unterlagen).
- Anhang V: Warnhinweise, die recht eindeutig vorgegeben werden, was auch die Übersetzungen in die verschiedenen Landessprachen sehr vereinfacht!
Konformitätserklärung
Eine Konformitätserklärung darf erst nach erfolgreichem Durchlaufen des Konformitätsbewertungsverfahrens ausgestellt werden. Die Richtlinien geben unterschiedliche Verfahren vor, was mit dem Gefahrenpotenzial der Produkte zusammenhängt. Nicht immer ist eine einfache Selbsterklärung möglich!
Die Konformitätserklärung ist vom Hersteller oder dem, der sich als Hersteller eines Produkts ausgibt, auszustellen.
Wichtig ist, dass es eine Konformitätserklärung ist, die alle für das Produkt zutreffenden Richtlinien auflistet. Diese Vorgabe stammt aus dem Beschluss 768/2008/EG Artikel 5 und wird zum Beispiel in Zusammenhang mit der RoHS-Richtlinie 2011/65/EU und den möglicherweise zu berücksichtigenden EuP-Vorgaben zur Energieeffizienz noch komplexer als vermutet. Bei neuen Richtlinien und möglichen Übergangszeiten müssen der Zeitpunkt und das Datum der Konformitätserklärung zusammenpassen!
Als einfaches Beispiel für ein Stofftier fordert die Spielzeugrichtlinie Folgendes:
EG-KONFORMITÄTSERKLÄRUNG
- Nr. … (einmalige Kennnummer des Spielzeugs)
- Name und Anschrift des Herstellers oder seines Bevollmächtigten:
- Die alleinige Verantwortung für die Ausstellung dieser Konformitätserklärung trägt der Hersteller:
- Gegenstand der Erklärung (Bezeichnung des Spielzeugs zwecks Rückverfolgbarkeit). Sie enthält eine hinreichend deutliche Farbabbildung, auf der das Spielzeug erkennbar ist.
- Der unter Nummer 4 beschriebene Gegenstand der Erklärung erfüllt die einschlägigen Harmonisierungsrechtsvorschriften der Gemeinschaft:
- Angabe der einschlägigen harmonisierten Normen, die zugrunde gelegt wurden, oder Angabe der Spezifikationen, für die die Konformität erklärt wird:
- Gegebenenfalls: Die notifizierte Stelle (Name, Kennnummer) … hat … (Beschreibung ihrer Maßnahme) … und folgende Bescheinigung ausgestellt:
- Zusätzliche Angaben:
Unterzeichnet für und im Namen von:
(Ort und Datum der Ausstellung)
(Name, Funktion) (Unterschrift)
Damit zu einigen kleinen Erläuterungen:
Die Kennnummer soll eine eindeutige Zuordnung ermöglichen. Viele Großserienhersteller nehmen dafür die Nummer vom Strichcode, der von vielen Ladenkassen ausgewertet wird. Meines Erachtens können Sie auch einfach die Nummer 4711 oder etwas anderes nehmen, solange diese Nummer nur einmal verwendet wird!
Wenn Sie einen Briefbogen nehmen, sind auch die Adresse und weitere Angaben relativ fälschungssicher angegeben.
Bärmann GmbH
Hasenweg 2
D-76530 Bärental
EG-Konformitätserklärung
Im Sinne der Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG
Hiermit erklären wir, dass das von uns hergestellte Spielzeug
den vorgenannten einschlägigen Bestimmungen (Spielzeugrichtlinie) entspricht.
Folgende harmonisierte Normen wurden angewendet:
- EN 71-1 (2014 + A1:2018) Sicherheit von Spielzeug – Teil 1: Mechanische und physikalische Eigenschaften
- EN 71-3 (12013 +A3:2018) Sicherheit von Spielzeug – Teil 3: Migration bestimmter Elemente
Baden-Baden, den 23.01.2019
Max Muster
Max Muster, Geschäftsführer
Mittlerweile ist es üblich, zu allen Normen den Ausgabestand mit anzugeben, um Diskussionen, welche Normenausgabe angewendet wurde, zu vermeiden. Ohne Ausgabestand wird automatisch die aktuelle Norm angenommen, was manchmal unangenehm werden kann!
GS-Zeichen und andere Prüfzeichen
Sie haben gelesen, dass durch den neuen Ansatz der EU der Hersteller für die meisten Produkte in eigener Verantwortung erklären darf, dass sein Produkt sicher ist, das heißt, sicher im Sinne von „grundlegende Anforderungen eingehalten“, wie diese in den EU-Richtlinien und konkreter in europäischen Normen festgelegt sind. Dann kommt regelmäßig die Frage: „Und wer prüft das?“
Es gibt viele Labore, die unabhängig vom Hersteller ein Produkt überprüfen. Um eine Flut von möglichen Prüfzeichen und Behauptungen zu vermeiden, hat man in Deutschland bereits in den 70er Jahren das GS-Zeichen „Geprüfte Sicherheit“ definiert und im deutschen Gerätesicherheitsgesetz beschrieben. Eigentlich darf ein Produkt dieses Zeichen nur dann tragen, wenn es von einer GS-Prüfstelle erfolgreich überprüft worden ist und eine Genehmigung zur Verwendung des GS-Zeichens vorliegt. Diese Genehmigung ist befristet und beinhaltet eine regelmäßige Überprüfung der Produktion, teilweise werden diese Informationen auf den Internetseiten der Prüfstellen aufgelistet.
Wer „einfach so“ ein GS-Zeichen anklebt, kann erhebliche und teure Schwierigkeiten bekommen. Wer als Händler Ware mit GS-Zeichen bekommt, sollte aus eigenem Interesse das dazugehörige Zertifikat beim Hersteller anfordern. Der Endkunde hat leider keinen Rechtsanspruch, einen GS-Zeichenausweis anzufordern.
Bekommen Sie kein Zertifikat vorgelegt, können Sie theoretisch bei der im GS-Zeichen bezeichneten Stelle nachfragen bzw. auf deren Internetseiten nachsehen, ob ein Zertifikat für dieses Produkt besteht.
Es gibt immer wieder Untersuchungen, die darauf hindeuten, dass eine sehr erhebliche Zahl von Produkten mit unberechtigtem GS-Zeichen verkauft werden – gehen Sie mal von etwa der Hälfte aller Produkte mit solchen Zeichen aus!
Bei guten Lieferanten werden Auszüge aus den Prüfberichten mitgeliefert. Leider kommen Sie über die Prüfstellen nur dann an diese Berichte, wenn Sie eine entsprechende Berechtigung („Power of attorney“) vorlegen können.
Damit nicht jedes x-beliebige Labor eine fast hoheitliche Plakette anbringt, wurden die wenigen Stellen, die solche Prüfungen durchführen dürfen, nach scheinbar strengen Kriterien ausgewählt. Diese Stelle nennt sich „Zentralstelle der Länder für Sicherheit“ (ZLS), was aber etwas irritiert, da nicht direkt Vater Staat, sondern andere Organisationen die Geldgeber sind. Damit Sie mich richtig verstehen: Es heißt auch ZLS, da die Landesbehörden sich hier informieren können. Es gibt Normtexte, die so formuliert sind, dass man kaum eine normgerechte Prüfung durchführen kann. Und bei 16 Landesbehörden können sich schon einmal Fachleute irren und zu unterschiedlichen Interpretationen kommen.
Damit zu den rechtlichen Möglichkeiten des GS-Zeichens, wobei sich dies auf viele andere freiwillige Zeichen übertragen lässt:
- als Endkunde dürfen Sie glauben, können aber keine Unterlagen verlangen;
- als fachkundiger Kunde können Sie selbst das Produkt beurteilen, doch sehe ich nicht, dass ein GS-Zeichen Ihnen hier irgendeine Hilfestellung geben kann, denn rechtlich sind Sie derjenige, der das Produkt beurteilt und für gut befunden hat.
- Es ist davon auszugehen, dass GS inhaltlich deutlich weniger als CE umfasst, z.B. keine EMV und keine Datensicherheit bei elektronischem Spielzeug! Ich bezeichne deshalb seit vielen Jahren das GS-Zeichen als Verbrauchertäuschung, weil man als Endkunde annehmen würde, dass alle Mindestanforderungen eingehalten werden. Deutschland ist in der EU das einzige Land, in dem solch ein gesetzliches Zeichen besteht!
Wenn die Behörde kommt
Zunächst einmal kühlen Kopf bewahren. Viele Anfragen sind reine Vorsorge und geben Ihnen noch Zeit zum Reagieren!
Die Dokumentation für das betreffende Produkt sollte umfassend vorhanden sein!
Wenn Sie gegen die Vorschriften, welche die CE-Kennzeichnung vorsehen, verstoßen, können verschiedene rechtliche Instrumente eingesetzt werden wie zum Beispiel:
- die in den Gesetzen und Verordnungen genannten Bußgelder von bis zu 50 000 €,
- die in verschiedenen Gesetzen genannten Rückrufaktionen, was entsprechende Forderungen von den Kunden nachziehen wird,
- und die üblichen Produkthaftungsdrohungen.
Zumeist werden aber nur die Prüfkosten für die Überprüfung Ihres Produkts zusammen mit einem kleineren Bußgeld verhängt – in der Summe meist wenige Tausend Euro.
Übrigens fordern die modernen Regelungen die Führung eines Beschwerdebuchs. Sie sollten also Reklamationen und Nachfragen sammeln und auswerten!
Produkthaftung
Immer dann, wenn die Sicherheit an einem Produkt nicht vorhanden ist, die zu erwarten wäre, gehen die Diskussionen in Richtung Rechtswissenschaft und Produkthaftung. Zum Thema Produkthaftung werden Sie in anderer Literatur mehr und bessere Informationen finden; ich bin kein Jurist! Achten Sie auch darauf, dass diese Information auf aktuellem Stand ist, denn es gab zum Beispiel 2002 ein oft als „Ikea-Klausel“ genanntes Urteil zu mangelhaften Montageanleitungen.
Oft wird versucht, die Haftung für Produkte weiter zu schieben. Dazu werden gerne zwei Gerichtsurteile zitiert. Das erste stammt vom EuGH, dem Europäischen Gerichtshof vom Herbst 2005, bei dem es sich um eine zwischen Händlern in Österreich und in Finnland verkauften Maschine handeln soll. Dies führte zur Vermutung „CE dran ist CE drin“. Der aktuellere Fall vom März 2006 ging um eine Tapetenkleistermaschine aus China, bei welcher der Importeur nun für alle Folgeschäden haftet. Anders gesagt: Wer in der EU Ware mit CE kauft, darf auf CE vertrauen – und kann den Hersteller bzw. Importeur im Schadensfall heranziehen.
Rückrufaktionen
Rückrufaktionen sind aktive Maßnahmen von Unternehmen zur Abwendung von Personen- oder Sachschäden durch fehlerhafte Produkte. Es müssen wirklich erhebliche Personen- oder Sachschäden zu erwarten sein! In Deutschland wird der Satz „über das normale Maß hinaus deutlich erhöhtes Risiko“ oft schon für Lappalien als zutreffend angesehen, was aber nicht gemeint war.
Die rechtlichen Grundlagen für Rückrufe sind in der Produktsicherheitsrichtlinie genannt, die in Deutschland durch das Produktsicherheitsgesetz (aktuelle Version von 2011) umgesetzt wurden. Konkretisiert werden diese Rückrufaktionen durch den europäischen Leitfaden für Korrek-turmaßnahmen einschließlich Rückrufen, der auch in deutscher Sprache verfügbar ist.
Fehlerhafte Produkte sollen von Kunden oder besser noch, bevor der Endkunde sich daran zu schaffen macht, zurückgeholt werden. In einigen Richtlinien ist deshalb von der Pflicht zur Erfassung der Kunden die Rede, was sich aber kaum auf den Endkunden bezieht.
Mögliche Schadenersatzforderungen sind für Juristen sicherlich ein Thema. Ich sehe derzeit aber nur zwei Probleme: Imageschäden und Missbrauch. Es gibt gewerbliche Verkäufer, die zurückgerufene Produkte beim Hersteller melden und vom Hersteller eine entsprechende Gutschrift, scheinbar sogar zuzüglich der Entsorgungskosten, fordern und bekommen – und die Ware per Internet zum Vertrieb in anderen Märkten meistbietend weiterverkaufen!