Lieben Sie die Katastrophenmeldungen wie „besorgniserregend ist das wachsende Problem des Elektronikschrotts (E-Schrott), der sowohl die Umwelt als auch die menschliche Gesundheit ernsthaft bedroht“ die aktuell gerade verbreitet wird? Hier werden gerne drei EU-Vorgaben durcheinander gemixt, um bildlich schockierende Ergebnisse zu erzeugen: WEEE, RoHS und Eco-Design (neu mit dem Produktpass der das Reparieren erleichtern soll).
Mir lag 2021 eine von den deutschen Behörden in Auftrag gegebene Studie zur Entsorgung vor und warum viele Menschen die Handys etc. nicht zur Wertstoffsammelstelle bringen. Amüsant sind die darin genannten Entsorgungstypen wie Messie, Entsorgungsmuffel, Flohmarkttyp und Öko-Freak. Was mich sehr störte, war die kaum gestellte Frage nach „wie zerlege ich das Gerät so, dass es sich gut verwerten lässt“ und vor allem die Frage „wieviel Elektroschrott wird exportiert“ – denn das war der große Schwachpunkt der 2002er Vorlage, den auch ich damals nicht so erwartet hatte. Es darf nicht sein, dass wir teuer gesammelten Schrott in die Welt exportieren, wo er noch viel Schlimmeres anrichten kann!
Wenn Sie jetzt auf die Industrie schimpfen, ist das nicht fair: mir sind einige Versuche bekannt, Elektroschrott stofflich zu zerlegen und zu verwerten. Keiner dieser Versuche konnte sich am Markt durchsetzen, die umliegenden Gemeinden (WEEE-Müllsammler) haben „aufgrund fiskalischer Vorgaben den günstigsten Anbieter“ genutzt, d.h. der WEEE-Schrott kommt in Container und wird exportiert. Die eigentliche umweltgerechte Entsorgung kann ich nur selten vermuten, in den meisten Fällen scheint es so zu sein, dass viele Container gesammelter Elektroschrott, der quasi unter staatlicher Aufsicht gesammelt wurde, in sogenannte Entwicklungsländer exportiert wird. Die Deklaration ist meist „Gebrauchtware“ oder „funktionsfähig“ oder „wiederverwertbares Material“ und wird so in Entwicklungsländer verschifft. Dieser Handel wird durch niedrigere Entsorgungskosten für uns und laxe Überwachungen in den Empfängerländern begünstigt. Fehlende Infrastruktur für eine sichere Entsorgung von Elektroschrott führt dort zu Umweltverschmutzung und oft damit Gesundheitsgefährdungen.
Übrigens werden Sie da so gut wie keine belastbaren Quellen finden, denn der in manchen Fotos zu sehende ausgeschlachtete Röhren-TV ist ein altes Bild – und viele moderne Bilder sind KI verfremdet (wie auch mein illustrierendes Foto).
An dieser Stelle füge ich gerne ein, was Umweltschutzgruppen so formulieren: „Frauen und Kinder sind unverhältnismäßig stark von der Belastung durch Elektroschrott betroffen, insbesondere in Entwicklungsländern, wo sie häufig in informellen Recyclingbetrieben arbeiten. Kinder, deren Körper sich noch in der Entwicklung befindet, sind besonders anfällig für die toxischen Auswirkungen gefährlicher Materialien. Die Exposition kann zu kognitiven Beeinträchtigungen, Entwicklungsverzögerungen und langfristigen Gesundheitskomplikationen führen. Frauen, insbesondere im gebärfähigen Alter, sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, da die Exposition gegenüber giftigen Chemikalien zu Problemen der reproduktiven Gesundheit, einschließlich Fehlgeburten und Geburtsfehlern, führen kann. Das Fehlen von Schutzmaßnahmen und Sicherheitsvorschriften in diesen informellen Recyclingsektoren verschlimmert die Gesundheitsrisiken für diese Bevölkerungsgruppen und unterstreicht den dringenden Bedarf an globalen Maßnahmen zum Schutz der Schwächsten vor den Gefahren von Elektroschrott.“ Tja, leider wird nicht deutlich gesagt, dass Vorgaben in der EU eigentlich ausreichend vorhanden sind und das Problem eher die staatlichen Stellen sind, die gesammelten Elektroschrott zum Export zulassen und Recylingbetriebe mit hohen Auflagen wirtschaftlich kaputt machen.
Auch Aussagen wie „die Erweiterung des Basler Übereinkommens ist ab 2019 wirkende Verbotsänderung für die Ausfuhr von gefährlichen Abfällen, einschließlich Elektroschrott, aus Industrieländern in Entwicklungsländer“ Leider handelt es sich um Gebrauchtwaren und ggf. um Ersatzteile. Übrigens gab es auch schon umgekehrt das Problem, dass vorhandene Ersatzteile aus nicht EU-Ländern bei der Einfuhr in die EU mit so großen formellen Aufwand war, dass der Betrieb bei einer anderen Anlage nur sagte „Verschrotten“ weil man mit Neuanlagen mehr Geld verdienen kann.
Übrigens hat China sich unseren Ansatz gut angesehen, aber nicht übernommen und sammelt nach eigenen Kriterien Elektroschrott.
Indien und umgebende Länder fangen eher wegen des Wertstoffgehalts und der vielfältigen Gefahrenpotentiale mit einer gesetzlich geregelten Entsorgung an – in Indien sind immer wieder bewundernswerte Mischungen aus Lösungen und bürokratischen Anforderungen zu bewundern.
Lediglich die USA halte ich für ein Land mit einem Haufen unzureichender lokaler Lösungen, die aber wunderbar ihre Lösungen als die erste und Beste der Weltgeschichte verkaufen! Aber dazu werden Sie schnell andere Quellen finden (:-))